
In Deutschland tragen Schätzungen zufolge rund sechs Millionen Frauen Humane Papillomviren (HPV) in sich. Jährlich entwickeln mehrere Hunderttausend eine Krebsvorstufe am Gebärmutterhals, und etwa 5.000 Frauen erkranken an Gebärmutterhalskrebs. Wird die Krankheit rechtzeitig erkannt, bestehen nahezu vollständige Heilungschancen. Dennoch fordert Gebärmutterhalskrebs jedes Jahr über 1.600 Todesopfer. Ein Fakt, dem das Frauennetzwerk „Frauen100“ zusammen mit der Initiative „Entschieden. Gegen Krebs.“ im Rahmen eines Dinners im Berliner „Gebrüder Fritz“ besondere Aufmerksamkeit geschenkt haben.
Der Fokus des Abends: Die Bedeutung der Prävention und die damit verbundene Verantwortung der Eltern, ihre Kinder über HPV und die Impfung aufzuklären. In ihrer Keynote informierte Dr. Julia Löffler über aktuelle Zahlen und Entwicklungen, eine prominent besetzte Podiumsdiskussion mit Nazan Eckes, Dr. Florian Babor, Lena Schäfer und Vreni Frost beleuchtete das Thema aus verschiedenen Blickwinkeln.
85 – 90 % aller Menschen infizieren sich im Laufe ihres Lebens mit HPV
„HPV geht uns alle an. 85 – 90 % aller Menschen infizieren sich im Laufe ihres Lebens. Es ist damit Anliegen aller Menschen und nicht nur von Frauen“, erklärte Yara Hoffmann, die durch den Abend führte. Sie betonte, dass die Prävention durch eine Impfung heute eine große Chance biete: „Das Positive ist: Man kann etwas tun.“
Unter den 65 Gästen: Frauen aus TV und Kultur, wie Johanna Klum, Annika Lau, Mareile Höppner und Chryssanthi Kavazi. Neben ihnen brachten medizinische Expertinnen wie Sissi Rasche und Mandy Mangler ihr Wissen in das Q&A und anschließende Gespräche ein.
Molekularmedizinerin Dr. Julia Löffler machte in ihrem Talk die Dringlichkeit der Impfung noch einmal deutlich: „Pro Tag erkranken in Deutschland 18 Frauen und 8 Männer an HPV-bedingtem Krebs. Doch durch die Impfung vor dem ersten sexuellen Kontakt kann man den Schutz vor einer Infektion maximieren.“ Sie ergänzte: „Die Impfquoten in Deutschland sind viel zu niedrig. Deshalb braucht es mehr Wissen und Aufklärung, das Engagement von Eltern und Ärzten.“ Ihr Appell: „Der erste Schritt zur Krebsvorsorge ist: Informiert Euch!“
Moderatorin Vreni Frost spricht über ihre HPV-Diagnose
Auch Moderatorin Vreni Frost teilte ihre persönlichen Erfahrungen: „Das ist ja wie ein Schnupfen. Das hat ja quasi jede von uns. Warum reden wir da nicht drüber? Warum reden wir nicht über eine Erkrankung, die so viele betrifft?“ Sie fügte hinzu: „Seit meiner Diagnose habe ich mich mit Leib, Leben, Herzblut und Uterus absolute der Frauengesundheit verschrieben und mache auf HPV aufmerksam.“
Denn, was vielen nicht bewusst sein mag: HPV ist die häufigste sexuell übertragbare Infektion. Zwar heilt eine Infektion in vielen Fällen von selbst aus, doch in einigen Fällen kann sie Krebs auslösen, darunter Gebärmutterhals-, Analkrebs und andere Tumorarten.
„Bis mein Tumor entfernt wurde, hat niemand damit gerechnet, dass es ein HPV-bedingter Krebstumor ist. HPV wird oft verdrängt und übersehen“, so die Betroffene Lena Schäfer. Und weiter: „Meine Diagnose hat mich mir nähergebracht. Ich habe gelernt, für mich selber einzustehen. Andererseits höre ich nun sehr stark auf meinen Körper und die kleinsten Veränderungen lösen ein Gefühlsgewitter aus.“
„Die Entscheidung, meine Kinder zu impfen, war ein No-Brainer“
Und Kinder- und Jugendarzt Dr. Florian Babor rief Eltern dazu auf, die HPV-Impfung ernst zu nehmen: „Nur die wenigsten wissen, dass HPV mit Krebs assoziiert ist und noch viel weniger, dass es eine Impfung gibt. Das müssen wir ändern!“ Besonders wichtig sei zudem: „Gerade bei der HPV-Impfung ist der Nutzen so viel größer als die Risiken. Die Entscheidung, meine Kinder zu impfen, war ein No-Brainer. Und das zwischen dem 9. und 14. Lebensjahr.“
Auch Moderatorin und Mutter Nazan Eckes appellierte eindringlich an Eltern: „Ich möchte allen Müttern und Vätern sagen: Bitte, bitte informiert euch!“ Sie betonte zudem: „Mir ist es besonders wichtig, transparent und auf Augenhöhe mit meinen Kindern über solche wichtigen Themen wie Gesundheit und HPV-Prävention zu sprechen.“
Nur 54,6 Prozent der 15-jährigen Mädchen in Deutschland sind gegen HPV geimpft
Obwohl die Ständige Impfkommission (STIKO) die HPV-Impfung für Mädchen und Jungen zwischen 9 und 14 Jahren empfiehlt, ist die Impfquote in Deutschland niedrig. Zum Vergleich: Während Norwegen, Portugal und Island Impfquoten von über 90 Prozent erreichen, liegt Deutschland deutlich zurück. Nur 54,6 Prozent der 15-jährigen Mädchen und 34 Prozent der Jungen im selben Alter sind geimpft. Die WHO und die EU haben ein klares Ziel: Bis 2030 sollen 90 Prozent der Mädchen bis zum 15. Lebensjahr geimpft sein, um Gebärmutterhalskrebs und andere HPV-bedingte Krebsarten langfristig zu eliminieren.