
Tim Mälzers TV-Projekt wird von Todesfall überschattet
Die „Herbstresidenz“ an der Mosel soll innerhalb von drei Monaten revitalisiert werden. Bereits nach drei Wochen zeigen sich jedoch erhebliche Schwierigkeiten, die die prominenten Projekt-Paten Tim Mälzer und André Dietz nicht erwartet haben.
Drei Wochen nach Beginn des Generationenprojekts „Herbstresidenz“ muss Schauspieler und Projekt-Pate André Dietz feststellen: „Das größte Problem sind die Reibereien untereinander.“ Denn es ist nicht die Einsamkeit, die den Seniorinnen und Senioren im Pflegeheim zu schaffen macht, sondern die verschiedenen Charaktere.
Stationsleiterin Karo erläutert die Spannungen: „Frau Meyer kommt mit der Frau Morbach nicht klar, Frau Schmitt kommt mit der Frau Morbach und der Frau Meyer nicht klar.“ Für Frau Schmitt sind die Fronten jedenfalls verhärtet: „Eine Gemeinschaft? Die kriegen Sie hier nicht rein.“ Auch Frau Morbach lehnt ab: „Man kann nicht mit jedem.“ Die übrigen Bewohner ziehen sich von den Streithähnen zurück und suchen Zuflucht in ihren Zimmern.
Tim Mälzer bemerkt außerdem, dass Frau Westhoff von den anderen Bewohnern ignoriert wird: „Das ist ein Zustand, den ich unerträglich finde.“ Bei einem Gespräch mit der Seniorin erfährt er, dass ihre Familie weit entfernt am Bodensee lebt, was sie bedrückt. Besuche von ihren Kindern erhält sie nie: „Die Enkel kenne ich gar nicht. Nur von Bildern.“ Sie fügt hinzu: „Ich kann hier mit niemandem reden. Die erzählen dann immer von ihren Kindern, und das kann ich ja nicht. Das tut weh.“
In der „Herbstresidenz“ hat „jeder Einzelne was, was er vermisst“
„Jeder Einzelne hat was, was er vermisst“, erfährt Mälzer durch die Gespräche. „Menschen haben das Bedürfnis nach Stimulation. Und wenn diese Stimulation abgeschnitten wird, dann verrecken sie elendig geistig. Es ist ein geistiges Ersticken.“ Gegen die Grüppchenbildung und Vereinsamung beim Essen soll eine lange Tafel helfen. Eine einfache Maßnahme mit großer Wirkung: Niemand muss mehr alleine am Tisch sitzen, alle sind in Gesellschaft. Und plötzlich entstehen neue Bekanntschaften, Frau Westhoff findet eine Gesprächspartnerin und selbst die verfeindeten Damen lachen miteinander.
„Der kleinste gemeinsame Nenner aller Gruppen ist Essen und Trinken“, startet Tim Mälzer einen neuen Versuch, die Senioren zum gemeinsamen Kochen zu motivieren. Doch schon die Frage nach den Lieblingsgerichten bleibt unbeantwortet. „Deren Bedürfnisse und deren Wünsche zu entdecken, das ist eine größere Herausforderung als ich gedacht habe.“
Nach langem Zögern schlägt Frau Morbach gedämpfte Kartoffeln vor, und schon schwärmen die anderen, wie lecker die immer waren. „Jeder hatte eine emotionale Verbindung zu diesem Gericht“, also will Mälzer das Lieblingsgericht genau nach Anweisungen nachkochen. Doch Frau Morbach wird selbst aktiv und macht sich zum ersten Mal seit Jahren auf den Weg in den Supermarkt. In der Küche helfen alle zusammen und schnibbeln.
Mälzer freut sich über das emsige Gewusel: „Es war wie eine kleine Familie.“ Nach dem gemeinsamen Essen schwelgen die Senioren in kulinarischen Erinnerungen: Grüne Klöße, Milchreis mit Kirschen, Pfannekuchen, Bohnensuppe – an Rezeptideen für die nächsten Tage mangelt es nicht.

André Dietz „komplett überfordert“ mit Schicksalsschlag
Nächster Schritt: die Räumlichkeiten gemütlicher gestalten und die Krankenhaus-Tristesse beseitigen. Doch während der Umbauten passiert etwas, das ebenfalls zum Leben im Pflegeheim gehört: Ausgerechnet Frau Loch, Liebling der zehn Azubis mit Behinderung, muss ins Krankenhaus und wird sterben. „Ich bin auch komplett überfordert damit“, weiß André Dietz nicht, wie er es den Azubis beibringen soll. Also spricht Pflegerin Carmen mit ihnen über den Tod.
„Wenn man das so noch nicht erlebt hat, so nah, macht das schon was mit einem“, kennt sie das Gefühl der Trauer um liebgewonnene Bewohner nur zu gut. „Wir müssen halt professionell damit umgehen. Das ist ja unser täglich Brot.“ Die Bewohnerin kehrt sogar ins Heim zurück, wird aber aufgrund einer Keiminfektion komplett isoliert und wartet allein in ihrem Zimmer auf den Tod.
Tim Mälzer spricht über Tod seines Vaters
Eine unerträgliche Situation für Azubi Kevin: „Wäre ich in der Situation, ich würde mir wünschen, dass 24/7 jemand da ist.“ Deshalb beschließen die Azubis, eine Hygienesonderschulung zu machen, um Frau Loch besuchen zu dürfen. „Alle spüren, sie können das Schicksal nicht ändern. Aber sie können den letzten Tagen mehr Leben schenken“, beschreibt André Dietz die liebevolle Fürsorge. „Als mein Vater gestorben ist, habe ich eigentlich relativ krass funktioniert“, weiß Mälzer, dass die Trauer oft erst später einsetzt.
Trotz des Verlustes einer liebgewonnenen Person feiern die Seniorinnen und Senioren das Leben in ihren renovierten Räumlichkeiten. Die Betreuungsanstalt wird langsam zum Zuhause. Außerdem tauscht Dietz die Arbeitskleidung aus: „Wenn dein Pfleger auf einmal nicht mehr aussieht wie ein Krankenpfleger, dann kann es sein, dass du dich auf einmal nicht mehr so krank fühlst.“ Eine weitere einfache Maßnahme, die bald Wirkung zeigen wird …